Krankmeldung und Arbeitsunfähigkeit – Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern
Wer arbeitsunfähig erkrankt, muss den Arbeitgeber unverzüglich informieren und die ärztliche Bescheinigung fristgerecht vorlegen. Verspätete Krankmeldungen oder fehlende Nachweise können arbeitsrechtliche Konsequenzen haben.
1. Grundsatz: Unverzügliche Mitteilungspflicht
Arbeitnehmer sind nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) verpflichtet, dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen, dass und wie lange sie voraussichtlich arbeitsunfähig sind.
„Unverzüglich“ bedeutet dabei: ohne schuldhaftes Zögern, in der Regel also vor Arbeitsbeginn des ersten Krankheitstages. Erfolgt die Mitteilung verspätet, kann der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen.
Die Art der Mitteilung (Telefon, E-Mail, Personalportal, Messenger-Dienst) richtet sich nach den im Betrieb geltenden Regelungen oder Vorgaben des Arbeitgebers. Fehlen konkrete Anweisungen, genügt jede Form, die eine zeitnahe und sichere Information gewährleistet.
2. Vorlagepflicht der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU)
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 EntgFG muss der Arbeitnehmer spätestens am vierten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Erkrankung vorlegen.
Der Arbeitgeber ist berechtigt, eine frühere Vorlage, etwa bereits ab dem ersten Krankheitstag, zu verlangen. Diese Möglichkeit ist durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausdrücklich bestätigt worden (BAG, Urteil vom 14.11.2012 – 5 AZR 886/11).
Wird die Bescheinigung nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung vorübergehend verweigern. Arbeitnehmer sollten daher darauf achten, dass die Bescheinigung – sei es digital oder in Papierform – rechtzeitig beim Arbeitgeber eingeht.
3. Elektronische und digitale Krankmeldungen (eAU)
Seit Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) übermittelt die Arztpraxis die Daten direkt an die Krankenkasse, die sie wiederum dem Arbeitgeber zum Abruf bereitstellt (§ 5 Abs. 1a EntgFG).
Trotz dieses automatisierten Verfahrens bleibt die Meldepflicht des Arbeitnehmers unverändert bestehen: Er muss dem Arbeitgeber weiterhin mitteilen, dass und wie lange er arbeitsunfähig ist.
4. Telefonische oder digitale Krankschreibung
Die während der Corona-Pandemie vorübergehend zugelassene telefonische Krankschreibung bei leichten Atemwegserkrankungen wurde letztmalig bis 31. Mai 2022 verlängert. Seitdem ist eine Krankschreibung grundsätzlich nur nach ärztlicher Untersuchung oder im Rahmen einer Videosprechstunde möglich. Letztere setzt voraus, dass der Arzt den Patienten bereits kennt und die Symptome eine solche Form der Untersuchung erlauben.
5. Krankmeldung während des Urlaubs
Erkrankt ein Arbeitnehmer im Urlaub, gelten nach § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) die Krankheitstage nicht als Urlaubstage, sofern eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt.
Bei Erkrankung im Ausland trifft den Arbeitnehmer eine erweiterte Anzeigepflicht (§ 5 Abs. 2 EntgFG):
Die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer sind unverzüglich mitzuteilen.
Der Aufenthaltsort (Adresse und Telefonnummer) ist dem Arbeitgeber anzugeben.
Die Bescheinigung muss auf Verlangen nach Deutschland übermittelt werden.
6. Erkrankung eines Kindes
Wird ein Kind unter zwölf Jahren krank, kann ein Elternteil gemäß § 45 SGB V Anspruch auf Freistellung von der Arbeit und Kinderkrankengeld haben.
Voraussetzung ist, dass keine andere im Haushalt lebende Person das Kind betreuen kann und eine ärztliche Bescheinigung („Kind-krankschreibung“) vorliegt.
Die Krankmeldung sollte dem Arbeitgeber unverzüglich am ersten Krankheitstag des Kindes zugehen.
Ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber in dieser Zeit Lohn fortzahlt, hängt von der jeweiligen arbeitsvertraglichen oder tariflichen Regelung ab; andernfalls übernimmt die Krankenkasse das Kinderkrankengeld.
7. Praktische Hinweise für Arbeitnehmer
Meldung vor Arbeitsbeginn: Idealerweise telefonisch oder per E-Mail an Vorgesetzten oder Personalabteilung.
AU rechtzeitig vorlegen: Spätestens am vierten Tag, besser früher, falls der Arbeitgeber dies verlangt.
Auf Dokumentation achten: Zeitpunkt und Art der Mitteilung sollten nachvollziehbar festgehalten werden.
Bei Auslandsaufenthalten: Erreichbarkeit sicherstellen und Unterlagen ggf. übermitteln.
Zwischen Arztbesuch und eAU: Auch bei digitaler Übermittlung bleibt die Informationspflicht bestehen.
Fazit:
Wer arbeitsunfähig erkrankt, muss den Arbeitgeber unverzüglich informieren und die ärztliche Bescheinigung fristgerecht vorlegen. Verspätete Krankmeldungen oder fehlende Nachweise können arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Eine klare, zeitnahe Kommunikation und Beachtung der betrieblichen Vorgaben schützt Arbeitnehmer vor unnötigen Konflikten und sichert den Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
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