Zum praktischen Umgang mit der Einstellung des Barscheckverfahrens (ZzV) und dem Verhalten von Behörden, die sich weigern, Leistungen auf andere Weise zu „übermitteln“
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
mein heutiger Newsletter zu folgenden Themen:
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Die Jobcenter und Sozialämter haben angekündigt, ab Oktober 2025 keine Barscheckzahlungen mehr vorzunehmen. Hintergrund dazu: https://t1p.de/tno7y
Nach der derzeit gültigen Rechtslage gilt jedoch: Geldleistungen sind entweder auf das vom Leistungsberechtigten angegebene Konto zu überweisen oder – wenn der Empfänger dies verlangt – an seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt zu übermitteln (§ 47 Abs. 1 S. 1 SGB I).
Selbst die in Arbeit befindliche Änderung des § 47 SGB I sieht vor, dass Geldleistungen kostenfrei an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Empfängers zu übermitteln sind, wenn dieser nachweist, dass ihm die Einrichtung eines Kontos bei einem Geldinstitut ohne eigenes Verschulden nicht möglich ist (§ 47 Abs. 1 S. 2 SGB I-E). Siehe dazu den Referentenentwurf: https://t1p.de/05yh0 (Artikel 2, Seite 9).
Das bedeutet: Nach geltendem Recht sind Sozialleistungsträger verpflichtet, Geldleistungen entweder auf ein Konto zu überweisen oder sie an den Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten zu übermitteln (§ 47 Abs. 1 S. 1 SGB I).
Eine Weigerung, diese Übermittlung vorzunehmen, ist schlichtweg rechtswidrig.
Wenn eine Behörde behauptet, dies nicht leisten zu können, muss sie selbst Wege und Mittel finden, um die rechtlich vorgeschriebene Auszahlung sicherzustellen – z. B. über Barscheckauszahlungen, Sparkassen, spezielle Bankautomaten in Behörden oder Barauszahlungen direkt in der Behörde. Letzteres hat das BMAS in einer Weisung vom 4. Juni 2025 ausdrücklich vorgesehen (Download: https://t1p.de/ia3a8
Sollten sich die Sozialbehörden ab Oktober 2025 weigern, bei kontolosen Leistungsberechtigten solche anderen „Übermittlungen“ vorzunehmen – und dies mündlich oder schriftlich erklären –, ist Betroffenen dringend zu empfehlen, unverzüglich eine Eilklage auf Auszahlung der Leistungen beim zuständigen Sozialgericht einzureichen. Dies kann entweder mit Unterstützung einer Rechtsanwältin/eines Rechtsanwalts oder über die Rechtsantragsstelle des Sozialgerichts geschehen. Solche Verfahren sind kostenfrei.
Es scheint, dass erst entsprechende Gerichtsentscheidungen die Behörden dazu bringen werden, sich rechtskonform zu verhalten. Das BMAS hat sich in den letzten Tagen jedenfalls nicht mehr dazu geäußert, obwohl es als Fachaufsicht eigentlich zuständig wäre.
Muster für eine Eilklage: https://t1p.de/26e5e
2. IAB zu den sog. „Totalverweigerern“: nur einige hundert Fälle
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Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hat sich mit den sogenannten „Totalverweigerern“ befasst und nun die Untersuchung „Totalverweigerer: Viel Lärm um Nichts?“ veröffentlicht.
Das Ergebnis: Die vielbeschworenen Totalverweigerer gibt es praktisch nicht – die Rede ist von lediglich „einigen hundert Fällen“ pro Jahr. Das IAB stellt deshalb selbst die Frage, ob hier nicht „viel Lärm um Nichts“ gemacht werde.
Die Untersuchung des IAB ist hier abrufbar: https://t1p.de/2yala
Im Gegensatz dazu steht die ständige Stimmungsmache, etwa durch Jens Spahn. Er wiederholte zuletzt am 27. September in der Neuen Osnabrücker Zeitung seine Forderung: „Wer arbeiten kann und einen Job ablehnt, sollte kein Bürgergeld mehr bekommen.“ Artikel: https://t1p.de/pt8as
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3. Zur verfassungsrechtlichen Herleitung des Existenzminimums – und dem engen Spielraum für Kürzungen
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Die Regierung unter Friedrich Merz (CDU) hat einen „Herbst der Reformen“ angekündigt. Im Zentrum stehen umfassende Sozialreformen. Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU, spricht – in Anlehnung an die Agenda 2010 – gar von einer bevorstehenden „Agenda 2030“. Was konkret geplant ist, bleibt bislang offen. Klar scheint nur das Ziel: Es soll gespart werden – insbesondere beim Bürgergeld.
Entsprechend groß ist die Spannung auf den Vorschlag der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Bärbel Bas (SPD), zur künftigen Ausgestaltung der Existenzsicherung. Erste Überlegungen zur „neuen Grundsicherung“ und die laufenden politischen Debatten lassen jedoch bereits jetzt erkennen, dass es bald wichtiger denn je sein wird, die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Existenzminimum in Erinnerung zu rufen.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) weist zudem darauf hin, dass Deutschland durch den kontinuierlichen Sozialabbau beim BAföG das im UN-Sozialpakt verankerte Recht auf Bildung verletzt – so eine Analyse auf Beck.de.
Mahnende Stimmen an die Bundesregierung zu den anstehenden Reformen im SGB II finden sich hier: https://t1p.de/kd4bh
4. GEW und fzs: BAföG-Politik der Bundesregierung verstößt gegen Völkerrecht
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„Der kontinuierliche Sozialabbau beim BAföG trägt maßgeblich dazu bei, dass Deutschland sich immer weiter davon entfernt, gleiche Bildungschancen zu garantieren“, erklärte Andreas Keller, GEW-Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung, Mitte September bei einer Anhörung des für die Überwachung des Sozialpakts zuständigen UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in Genf.
Er wies darauf hin: „Während 79 von 100 Akademikerkindern ein Studium aufnehmen, sind es bei Nichtakademikerkindern nur 25. Wenn die Bundesregierung das Recht auf Bildung verwirklichen will, muss sie das BAföG endlich umfassend reformieren.“
Mehr Infos: https://t1p.de/h26tg
5. September-Ausgabe Sozialrecht Justament: Bewertung von Onlinerechnern
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Der Kollege Bernd Eckardt hat in der September-Ausgabe von Sozialrecht Justament eine Bewertung verschiedener Onlinerechner vorgelegt. Untersucht wurden Rechner zu SGB II, SGB XII, Wohngeld, Kinderzuschlag und Elterngeld.
Mehr dazu: https://t1p.de/zgfrk
6. Konkretisierung der Notfallversorgung erforderlich
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Anlässlich des BSG-Urteils vom 2. April 2025 (Az.: B 1 KR 25/23 R) hat Dr. Kyrill Makoski, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, in einem Fachaufsatz bei juris herausgearbeitet, dass die Regelungen zur Notfallversorgung beim Ruhen des Versicherungsanspruchs wegen Beitragsrückständen dringend konkretisiert werden müssen.
Nähere Infos: https://t1p.de/s41du
7.Einträge im Sozialportal auf Aktualität prüfen /Mittlerweile über 21.000 Einträge'
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Das Sozialportal von Tacheles e.V. wächst. Mittlerweile hat es über 21.000 Einträge von Beratungsstellen, Selbsthilfe und AnwältInnen. Ich möchte alle Eingetragenen bitten, die Einträge auf Aktualität zu prüfen und bei Fehlern oder fehlender Aktualität die Änderung selbst vorzunehmen oder diese uns mitzuteilen.
Das Sozialportal ist neu und lebt vom Mitmachen.
Wir laden alle Beratungsstrukturen, Rechtsanwält*innen, Selbsthilfeinitiativen und andere Institutionen, die sich für die Rechtsmobilisierung ratsuchender Menschen einsetzen, ein sich in das Sozialportal einzutragen und es dadurch zu DER bundesweiten und trägerübergreifenden Adressdatenbank für Beratung und Hilfe werden zu lassen.
Hier der Link zum Sozialportal: https://sozialportal.net/ oder https://t1p.de/rthv4
Das Sozialportal ist eine einfache und bundesweite Suchmaschine für sozialrechtliche Stellen, ebenso wie Anwälte und Anwältinnen. Für kostenlose Beratungsangebote ist die Eintragung in das Sozialportal kostenfrei. Tragen Sie sich jetzt ein!
8. SGB II – Grundlagenseminare / Update zum Bürgergeld
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Zweitägiges Online-Seminar mit Überblick über das SGB II und Schwerpunkt Leistungsrecht. Änderungen durch das Bürgergeldgesetz und aktuelle Rechtsprechung sind enthalten.
Termine:
29./30. Okt. 2025
17./18. Nov. 2025
01./02. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/chgq
9. Seminar: Basiswissen Sozialberatung – Werkzeuge aus und für die Praxis
Zweitägiges Online-Seminar zum Handwerkszeug der Sozialberatung: Aufbau der Sozialgesetzbücher, Antrag, Mitwirkungspflichten, Beschleunigung, Bescheide, Widerspruch, Überprüfung und vieles mehr.
Termine:
27./28. Okt. 2025
24. /25. Nov. 2025
08./09. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/hdlq
10. SGB II – Berechnungsseminar: Bescheide prüfen und verstehen lernen
Zweitägiges Seminar zur Bedarfsermittlung, Einkommensanrechnung und Bescheidprüfung. In Kleingruppen wird gerechnet und vertieft.
Termine:
03./04. Nov. 2025
16./17. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/pv2v2
11. SGB II-Leistungen für Schüler, Auszubildende und Studierende
Überblick über Sozialleistungen neben BAföG, BAB, Ausbildungsvergütung. Aufstockungsmöglichkeiten, Härtefälle, Anrechnung von Einkommen sowie besondere Fragen internationaler Studierender.
Termine:
27. Nov. 2025
22. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/x47z1
12. SGB II-Seminar: Sozialrechtliche Ansprüche für Schwangere, Alleinerziehende und Familien
Eintägiges Online-Seminar mit Überblick über die relevanten Leistungsansprüche im SGB II/Bürgergeld.
Termine:
06. Okt. 2025
19. Nov. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/u67n
13. Seminar: SGB II für die Arbeit mit wohnungs- und obdachlosen Menschen
Eintägiges Online-Seminar zu Leistungsansprüchen, Durchsetzung gegenüber Behörden und Wahrung von Menschenwürde.
Termine:
11. Nov. 2025
18. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/xily
14. Seminar: SGB II für die Migrationsberatung
Eintägiges Online-Seminar zu den Problemen im Umgang mit Jobcentern für Geflüchtete und die Migrationsberatung.
Termine:
10. Nov. 2025
15. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/85hu
15. Seminar: Wichtiges und Neues aus dem SGB II für Frauenhäuser
Eintägiges Online-Seminar mit systematischem Überblick über SGB II-Fragen, relevant für Frauenhäuser und begleitende Dienste.
Termine:
07. Okt. 2025
28. Nov. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/qme5
16. Seminar: Wichtiges und Neues aus dem SGB II für Kliniksozialdienste
Eintägiges Online-Seminar zu sozialrechtlichen Problemfeldern im Klinikalltag, inkl. Update zum Bürgergeldgesetz.
Termin:
10. Okt. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/yq6p
17. Grundlagenseminar Sozialhilfe (SGB XII)
Zweitägiges Online-Seminar vom Kollegen Frank Jäger mit Überblick über Leistungen nach dem SGB XII, Einkommens-/Vermögensfragen, Unterhaltsrückgriff und Schnittstellen zum SGB IX.
Termine:
17./18. Nov. 2025 ???? t1p.de/83hs0
18. Fachseminar: Kosten der Unterkunft und Heizung (SGB II/SGB XII)
Tagesseminar vom Kollegen Frank Jäger zu Leistungen für Unterkunft, Heizung, Umzugskosten, Mietschulden und Energiekosten. Mit aktueller Rechtsprechung und Änderungen durch das Bürgergeldgesetz.
Termin:
14. Okt. 2025
???? Direktlink: t1p.de/x7f23
19. Fachseminar: Bürgergeld oder Sozialhilfe? Schnittstellen, Unterschiede, Verschiebebahnhof
Fortbildung vom Kollegen Frank Jäger zu Anspruchsvoraussetzungen, Abgrenzung und Harmonisierung von SGB II und SGB XII. Fokus: Einkommen/Vermögen, Leistungsunterschiede, Verfahrensrecht.
Termine:
03. Dez. 2025 ???? t1p.de/elnvt
So, das war es dann für heute.
Mit besten und kollegialen Grüßen
Harald Thomé
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