Justizia
 
 

Neues zum Zeitplan der SGB II-Änderungen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
mein heutiger Newsletter zu folgenden Themen:



1. Neues zum Zeitplan der SGB II-Änderungen
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Nach mir vorliegenden Informationen soll der Referentenentwurf zu den geplanten SGB II-Änderungen nun Mitte/Ende November 2025 vorgelegt werden. In der Folge ist vorgesehen, dass die erste Runde Änderung im SGB II, einschließlich Namensänderung in „Neue Grundsicherung“, diversen Verschärfungen und Drangsalierungen zum 1. Juli 2026 erfolgen soll.
Sollte sich die Bundesregierung jedoch nicht einigen können, könnte sich der Zeitplan entsprechend verzögern. Der aktuelle Stand gilt somit vorbehaltlich weiterer Entwicklungen

Derzeit tagt die „Kommission zur Sozialstaatsreform“. Die Kommission setzt sich aus Vertreter:innen des Bundes, der Länder und der Kommunen zusammen. Sie soll Vorschläge zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Sozialstaats erarbeiten. Der Schwerpunkt liegt auf der Zusammenführung der steuerfinanzierten Leistungen wie Wohngeld, Kinderzuschlag, SGB II und SGB XII.
Anzumerken ist, dass in dieser Kommission keine Wohlfahrts und Sozialverbände, keine NGO’s vertreten sind bzw. sein sollen, Diese werden nur im, Rahmen von Stakeholderverfahren angehört.

Thematisch geht es insbesondere um die Zusammenlegung bzw. systematische Strukturierung von Sozialleistungen – also die Prüfung, ob ähnliche Leistungen vereinbar sind oder zusammengeführt werden können – sowie um die Verbesserung von Erwerbsanreizen. Ziel ist es, dass Leistungen und steuerliche Regelungen so gestaltet sind, dass sie Arbeit nicht entmutigen, sondern fördern. Ende 2025 sollen die Ergebnisse vorgelegt werden.

Die Ergebnisse dieser Kommission werden voraussichtlich zu weiteren Änderungen im SGB II führen, insbesondere im Bereich der Kosten der Unterkunft (KdU) und des anzurechnenden Einkommens.
Diese zweite Reformrunde wird in jedem Fall zustimmungspflichtig im Bundesrat sein. Mit entsprechenden Gesetzesänderungen ist daher frühestens ab 2027 zu rechnen.
Weitere Informationen zur Sozialstaatsreformkommission: https://t1p.de/wev8k

Steinmeier fordert Koalition zu Sozialreformen auf: https://t1p.de/48mz5

Warnender Kommentar in der Taz zur Sozialstaatsreform: Der Bundespräsident fordert eine Reform des Sozialstaats. Seine Thesen sind wohlig verpackt, atmen aber den Geist der Agenda 2010, mehr: https://t1p.de/66qp0
Dazu als Hintergrund ein Blick zurück: Frank-Walter Steinmeier - Das Kanzleramtspapier vom Dezember 2002 zur Vorbereitung der AGENDA 2010: https://t1p.de/7rb5q

2. Stellungnahme des Pari: Wissenswertes auf dem Weg vom Bürgergeld zur neuen Grundsicherung: Eine Paritätische Handreichung für Interessierte
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Bemerkung vorab: Besser kann man es gar nicht auf den Punkt bringen: „Handreichung für Interessierte“. Es macht deutlich, dass es in der derzeitigen Bundesregierung, genauso in der Sozialstaatskommision nicht wirklich viele „Interessierte“ an solchen Stellungnahmen gibt.

Aus dem Vorwort der Handreichung: Die Paritätischen Positionen zum Bürgergeld speisen sich aus einer reichhaltigen Praxis sozialer Arbeit und aus dem Engagement im Bereich Beschäftigungspolitik. Aufgrund der Rückmeldungen aus Sozial- und Schuldnerberatungen unter unserem Dach und infolge unserer wissenschaftlichen Arbeiten u.a. im Bereich Armutsberichtserstattung wissen wir um Sorgen und Nöte von Armutsbetroffenen. Insofern sehen wir tatsächlich einen großen Reformbedarf beim Bürgergeld. In Auswertung wissenschaftlicher und praktischer Arbeit sprechen wir uns für armutsfeste Sozialleistungen und nachhaltige Arbeitsmarktmaßnahmen aus und beziehen klar Position gegen Sanktionen.

Stellungnahme des Pari für Interessierte: https://t1p.de/80jeg

4. IAB Untersuchung: 100-Prozent-Sanktionen gegen erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die „nachhaltig“ Arbeit verweigern, werden nur sehr selten verhängt
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Aus der Beschreibung: Ende März 2024 traten neue Leistungsminderungen gegen sogenannte Totalverweigerer in Kraft. Damit sollte diese sehr kleine Teilgruppe unter den Bürgergeldbeziehenden stärker sanktioniert werden als bis dato. Der Regelbedarf kann in solchen Fällen nun für bis zu zwei Monate vollständig gekürzt werden. Angesichts der sehr hohen rechtlichen Hürden passiert dies in der Praxis jedoch nur sehr selten. Diese Einschätzung wird durch verschiedene Hinweise aus der Arbeitsverwaltung tendenziell bestätigt – auch wenn exakte, qualitätsgesicherte Zahlen hierzu nicht vorliegen.
Die Untersuchung des IAB: https://t1p.de/aswi9

Bemerkung: Die Untersuchung des IAB zu einem Zeitpunkt, an dem die Union umfassende und flächendeckende Sanktionen fordert, ist bemerkenswert. Es wird aber auch deutlich, dass diese Sanktionen nur einen sehr kleinen Prozentsatz der Leistungsberechtigten betreffen. Bei rd. 4 Mio. Arbeitsfähigen sind das 0,011 %. Sog. Arbeitsverweigerer.

Bedeutsam ist jedoch, dass 100-Prozent-Sanktionen grundsätzlich verfassungswidrig sind. Eine solche offen verfassungswidrige Regelung bleibt auch dann problematisch, wenn sie nur wenige betrifft: Laut IAB waren es 455 Fälle – und in jedem einzelnen dieser Fälle liegt damit ein Verfassungsverstoß vor. Das hatte das Bundesverfassungsgericht bereits in der mündlichen Verhandlung zum Sanktionsverfahren klar und deutlich mitgeteilt, Menschenwürdeverstöße liegen auch bei einzelnen Personen vor.

4. Übersicht zu den wesentlichen Änderungen des Arbeitsmarktstärkungsgesetzes
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Mit dem Arbeitsmarktstärkungsgesetz soll Beschäftigung und Produktivitätswachstum geschaffen werden. Angesichts der gegebenen demographischen Entwicklung sind Maßnahmen zur steuerli­ chen Förderung von Mehrarbeit geboten. Mittels steuerfreier Überstundenzuschläge , der Teilzeitaufstockungsprämie sowie der Aktivrente, wird Mehrarbeit wirksam gefördert und angereizt. So die Einleitung zum Gesetzesentwurf.
Hier der Referentenentwurf: https://t1p.de/nczfi und eine Übersicht der geplanten Neuregelungen: https://t1p.de/cf0ps

5. PM des Bundesamt für Statistik: 4,2 Millionen Menschen leben in Haushalten mit Zahlungsrückständen bei Versorgungsbetrieben
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„Das Begleichen von Strom- oder Gasrechnungen stellt für viele Menschen eine finanzielle Herausforderung dar. Rund 4,2 Millionen Menschen lebten im Jahr 2024 nach eigenen Angaben in Haushalten, die bei Rechnungen von Versorgungsbetrieben – wie etwa Strom- oder Gasanbietern – im Zahlungsverzug waren. Das entsprach einem Anteil von 5,0 % der Bevölkerung, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach Ergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) mitteilt. Im Vergleich zum Vorjahr liegt der Anteil auf einem ähnlichen Niveau: Im Jahr 2023 hatten 5,4 % der Bevölkerung Zahlungsrückstände bei Rechnungen von Versorgungsbetrieben.“

Destatis berichtet außerdem, dass „ein Drittel der Bevölkerung unerwartete Ausgaben nicht aus eigenen Mitteln stemmen kann“.
Nicht nur das Begleichen von Strom- oder Gasrechnungen stellt viele Haushalte vor Probleme. Auch unerwartet anfallende Ausgaben, beispielsweise für die Reparatur oder den Austausch defekter Haushaltsgeräte, können zur Belastung werden. Knapp ein Drittel (32,2 %) der Bevölkerung lebte im Jahr 2024 in Haushalten, die aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht in der Lage waren, solche Ausgaben aus eigenen Mitteln zu bestreiten.
Mehr Infos: https://t1p.de/qodlw

Bemerkung:
In diesem Zusammenhang möchte ich an die unverantwortlichen Forderungen der Union erinnern, die Regelleistungen im SGB II/SGB XII nicht nur für drei Jahre einfrieren, sondern bevorzugt sogar kürzen zu wollen. Schon jetzt reichen die Leistungen nicht aus; bei Kürzungen würden sie noch weniger ausreichen. Weitere Verelendung und Verarmung sind damit vorprogrammiert. Das würde die Gesellschaft zerreißen und spalten und das Vertrauen in Demokratie und Staat weiter schwächen und das Voranschreiten der AfD bestärken.

6. Überarbeitete SGB II Folien im Netz – Nun mit Übersicht
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Meine Folien zum SGB II sind überarbeitet und zum besseren Auffinden der jeweiligen Inhalte nunmehr mit einer Inhaltsübersicht versehen. Lohnt sich anzugucken und reinzuschauen, speziell aber gut.
Zu den Folien: https://t1p.de/afzvb

7. Deutsches Instituts für Menschenrechte: Tagung "Armut und Recht" (17.-19. Nov. 2025 in Berlin)
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Die Tagung widmet sich der Ausgestaltung und Anwendung des nationalen Rechts in Deutschland und dessen Auswirkungen auf armutsbetroffene Menschen. Sie bietet Raum für einen rechtskritischen interdisziplinären Austausch zwischen Rechtswissenschaft, Sozialwissenschaft und weiteren Disziplinen sowie zwischen Praxis und Wissenschaft.

Mehr Infos zur Tagung: https://t1p.de/j37wc

Hinweis: Ein Budget für Reise- und Unterkunftskosten steht zur Verfügung.

Das Sozialportal ist eine einfache und bundesweite Suchmaschine für sozialrechtliche Stellen, ebenso wie Anwälte und Anwältinnen. Für kostenlose Beratungsangebote ist die Eintragung in das Sozialportal kostenfrei. Tragen Sie sich jetzt ein!


8. SGB II – Grundlagenseminare / Update zum Bürgergeld
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Zweitägiges Online-Seminar mit Überblick über das SGB II und Schwerpunkt Leistungsrecht. Änderungen durch das Bürgergeldgesetz und aktuelle Rechtsprechung sind enthalten.

Termine:
25./26. Sept. 2025
29./30. Okt. 2025
17./18. Nov. 2025
01./02. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/chgq

9. Seminar: Basiswissen Sozialberatung – Werkzeuge aus und für die Praxis

Zweitägiges Online-Seminar zum Handwerkszeug der Sozialberatung: Aufbau der Sozialgesetzbücher, Antrag, Mitwirkungspflichten, Beschleunigung, Bescheide, Widerspruch, Überprüfung und vieles mehr.

Termine:
27./28. Okt. 2025
24. /25. Nov. 2025
08./09. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/hdlq

10. SGB II – Berechnungsseminar: Bescheide prüfen und verstehen lernen

Zweitägiges Seminar zur Bedarfsermittlung, Einkommensanrechnung und Bescheidprüfung. In Kleingruppen wird gerechnet und vertieft.

Termine:
03./04. Nov. 2025
16./17. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/pv2v2

11. SGB II-Leistungen für Schüler, Auszubildende und Studierende

Überblick über Sozialleistungen neben BAföG, BAB, Ausbildungsvergütung. Aufstockungsmöglichkeiten, Härtefälle, Anrechnung von Einkommen sowie besondere Fragen internationaler Studierender.

Termine:
27. Nov. 2025
22. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/x47z1

12. SGB II-Seminar: Sozialrechtliche Ansprüche für Schwangere, Alleinerziehende und Familien

Eintägiges Online-Seminar mit Überblick über die relevanten Leistungsansprüche im SGB II/Bürgergeld.

Termine:
06. Okt. 2025
19. Nov. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/u67n

13. Seminar: SGB II für die Arbeit mit wohnungs- und obdachlosen Menschen

Eintägiges Online-Seminar zu Leistungsansprüchen, Durchsetzung gegenüber Behörden und Wahrung von Menschenwürde.

Termine:
11. Nov. 2025
18. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/xily

14. Seminar: SGB II für die Migrationsberatung

Eintägiges Online-Seminar zu den Problemen im Umgang mit Jobcentern für Geflüchtete und die Migrationsberatung.

Termine:
10. Nov. 2025
15. Dez. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/85hu

15. Seminar: Wichtiges und Neues aus dem SGB II für Frauenhäuser

Eintägiges Online-Seminar mit systematischem Überblick über SGB II-Fragen, relevant für Frauenhäuser und begleitende Dienste.

Termine:
07. Okt. 2025
28. Nov. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/qme5

16. Seminar: Wichtiges und Neues aus dem SGB II für Kliniksozialdienste

Eintägiges Online-Seminar zu sozialrechtlichen Problemfeldern im Klinikalltag, inkl. Update zum Bürgergeldgesetz.

Termin:
10. Okt. 2025
???? Ausschreibung & Anmeldung: t1p.de/yq6p

17. Grundlagenseminar Sozialhilfe (SGB XII)

Zweitägiges Online-Seminar vom Kollegen Frank Jäger mit Überblick über Leistungen nach dem SGB XII, Einkommens-/Vermögensfragen, Unterhaltsrückgriff und Schnittstellen zum SGB IX.

Termine:
17./18. Nov. 2025 ???? t1p.de/83hs0

18. Fachseminar: Kosten der Unterkunft und Heizung (SGB II/SGB XII)

Tagesseminar vom Kollegen Frank Jäger zu Leistungen für Unterkunft, Heizung, Umzugskosten, Mietschulden und Energiekosten. Mit aktueller Rechtsprechung und Änderungen durch das Bürgergeldgesetz.

Termin:
14. Okt. 2025
???? Direktlink: t1p.de/x7f23

19. Fachseminar: Bürgergeld oder Sozialhilfe? Schnittstellen, Unterschiede, Verschiebebahnhof

Fortbildung vom Kollegen Frank Jäger zu Anspruchsvoraussetzungen, Abgrenzung und Harmonisierung von SGB II und SGB XII. Fokus: Einkommen/Vermögen, Leistungsunterschiede, Verfahrensrecht.

Termine:
22. Sept. 2025 ???? t1p.de/0pp2z
03. Dez. 2025 ???? t1p.de/elnvt

So, das war es dann für heute.

Mit besten und kollegialen Grüßen

Harald Thomé
 
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