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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Ansprüche aus dem Unterfrachtvertrag
BGH, Urteil vom 24.04.2025 – I ZR 103/24
Hat es ein Unterfrachtführer übernommen, das Gut unmittelbar an den letzten Empfänger auszuliefern, kann dieser im Falle der Beschädigung des Guts gegenüber dem Unterfrachtführer gemäß § 421 Abs. 1 Satz 2 HGB die Rechte aus dem Unterfrachtvertrag geltend machen
II.
auflösende Bedingung - Klagefrist - Schwerbehinderung - Kenntnis des Arbeitgebers
LAG Köln, Urteil vom 07.05.2025 – 4 SLa 438/24
Dem Arbeitgeber kann weder die Kenntnis der Schwerbehindertenvertretung noch die eines Fachvorgesetzten von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers zugerechnet werden.
III.
Angemessene Abfindung der ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.05.2025 – 12 W 21/23
1) Zur Schätzung des Werts eines Unternehmens mit - geplant - endlicher Lebensdauer im Wege der Ertragswertmethode.
2) Auf Grund der endlichen Lebensdauer sind dem Unternehmenswert Verlustvorträge, die weder bis zur Abwicklung genutzt noch auf einen Erwerber übertragen werden können, nicht zuzuschlagen.
3) Die kaufmännische Rundung des Basiszinssatzes ist nicht zu beanstanden.
4) Der Börsenwert ist nur dann als Untergrenze der Barabfindung heranzuziehen, wenn keine Marktenge bestand. Handhabbare Kriterien für das Vorliegen einer Marktenge lassen sich dem § 5 Abs. 4 WpÜG-AngebotsVO entnehmen. Für die Beurteilung ist als Referenzperiode ein Zeitraum von 3 Monaten vor Bekanntmachung der Strukturmaßnahme maßgeblich; auf eine weitere, früher erfolgte erste Squeeze-out-Ankündigung, welche nicht umgesetzt und widerrufen wurde, ist hier nicht abzustellen. Bei der Beurteilung, ob und in welchem Maß nacheinander festgestellte Börsenkurse voneinander abweichen, kommt es nicht auf die Tagesschlusskurse, sondern auf die gewichteten durchschnittlichen Kurse des Börsentages an. Für die Beurteilung sind Geld-, Brief- und Taxkurse nicht maßgeblich.
IV.
Buchposition des Gesellschafters ist keine gesondert vererbliche Rechtsposition
OLG München, Beschluss vom 05.05.2025 – 34 Wx 93/25 e
1. Auch nach Inkrafttreten des MoPeG verbleibt es dabei, dass die Buchposition des Gesellschafters keine gesondert vererbliche Rechtsposition darstellt und sich die Rechtsfolge in die Gesellschafterstellung insgesamt nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages vollzieht.
2. Im Falle des Versterbens eines Gesellschafters einer nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO a. F. im Grundbuch eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist daher auch im Verfahren der Richtigstellung des Grundbuchs nach Art. 229 § 21 Abs. 3 EGBGB der Gesellschaftsvertrag zum Nachweis der Bewilligungsberechtigung vorzulegen.
V.
Nur noch anteiliger Schuldzinsenabzug bei unentgeltlicher Übertragung eines Teils des Vermietungsobjekts
BFH, Urteil vom 03.12.2024 – IX R 3/24
NV: Überträgt der bisherige Alleineigentümer an einem Vermietungsobjekt einen Miteigentumsanteil unentgeltlich und behält dabei die aus der Anschaffung resultierenden Verbindlichkeiten vollständig zurück, sind die auf den übertragenen Miteigentumsanteil entfallenden Schuldzinsen nicht als (Sonder-)Werbungskosten berücksichtigungsfähig.
VI.
Zeichnung ist keine Unterschrift
OLG München, Beschluss vom 05.05.2025 – 33 Wx 289/24 e
1. Fehlt der angeblichen Unterschrift des Erblassers unter einem eigenhändigen Testament das Element des Schreibens, handelt es sich vielmehr um eine Zeichnung, ist das Testament formnichtig.
2. Das gilt auch dann, wenn die Urheberschaft auf anderem Wege festgestellt werden könnte. Das Erfordernis der Unterschrift verbürgt nicht nur die Urheberschaft, sondern auch, dass sich der Urheber zu dem oberhalb der Unterschrift befindlichen Text bekennt.
VII.
Schadensersatz bei Scraping
OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.04.2025 – 5 U 59/23
Die Höhe des Schadensersatzanspruchs nach Art. 82 DSGVO kann im Einzelfall von den Folgen des Kontrollverlusts für die klägerische Partei abhängen. So kann der Umstand, dass eine Partei das Bekanntwerden des Scrapens ihrer Daten zum Anlass nimmt, ihren Account auf der von dem Scraping betroffenen Plattform zu löschen, Anhaltspunkt dafür sein, einen über € 100 hinausgehenden Schadensersatz zuzusprechen.
Ist der Account gelöscht, scheiden allerdings in Ermangelung einer Wiederholungsgefahr Ansprüche auf Unterlassung weiterer Datenschutzverstöße aus.
VIII.
Anmeldung zum Handelsregister; keine eigene rechtliche Prüfung der Gleichwertigkeit ausländischer Erbzeugnisse zum Nachweis der Rechtsnachfolge durch das Registergericht
OLG Bremen, Beschluss vom 18.03.2025 – 2 W 37/24
Das Registergericht ist zum Nachweis der Rechtsnachfolge im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 5 HGB nicht gehalten, die Gleichwertigkeit ausländischer Erbzeugnisse einer eigenen rechtlichen Prüfung zu unterziehen und zu diesem Zwecke zweifelhafte Rechtsfragen zu klären. Vielmehr kann der Antragsteller im Anwendungsbereich der EuErbVO auf das Europäische Nachlasszeugnis im Sinne des Art. 62 ff. EuErbVO verwiesen werden.
IX.
Übermittlung „Positivdaten“ an Schufa
OLG Koblenz, Urteil vom 12.05.2025 – 11 U 1335/24
1. Die Übermittlung sog. „Positivdaten“ durch ein Telekommunikationsunternehmen an die SCHUFA kann im Einzelfall gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Lit. f) DS-GVO durch ein in der Abwägung überwiegendes, berechtigtes Interesse des Anbieters und Dritter an Betrugsprävention mittels Aufrechterhaltung eines zuverlässigen Scoring-Systems gerechtfertigt sein.
2. Einem Schaden i. S. d. Art. 82 DS-GVO in Form eines Kontrollverlusts über die personenbezogenen Daten kann es entgegenstehen, wenn der informierte Kunde von einem Widerspruchsrecht gegen die Einmeldung seiner „Positivdaten“ bei der SCHUFA keinen Gebrauch gemacht hat.
X.
Zum Anspruch auf Genehmigung zur Fällung eines Baumes nach einer kommunalen Baumschutzsatzung wegen einer aufgrund der Verschattungswirkung des Baumes befürchteten Ertragsminderung einer Photovoltaikanlage
OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.05.2025 – 4 LA 57/23
1. Ob an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts ernstliche Zweifel bestehen, wird allein anhand der Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung sowie der vom Rechtsmittelführer zur Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes vorgetragenen Gesichtspunkte beurteilt; vom Rechtsmittelführer nicht genannte Umstände können nur dann berücksichtigt werden, wenn die Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils offensichtlich ist.
2. Dem Darlegungserfordernis ist nicht Genüge getan, wenn der Zulassungsantragsteller sich darauf beschränkt, die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung allgemein oder unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens anzuzweifeln.
3. Eine durch die Verschattungswirkung eines unter den Schutz einer Baumsschutzsatzung fallenden Baumes befürchtete Ertragsminderung einer auf einem Dach eines Wohngebäudes zu errichtenden Photovoltaikanlage stellt keine "wesentliche Beschränkung" der nach baurechtlichen Vorschriften zulässigen Nutzung des Grundstücks dar. Art. 14 GG verleiht kein Recht auf die optimale und erträglichste Grundstücksnutzung.
4. Den in § 2 Satz 2 EEG 2023 festgelegten Belangen der erneuerbaren Energien könne andere öffentliche Interessen entgegenstehen, wenn sie mit einem dem Art. 20a GG vergleichbaren verfassungsrechtlichen Rang gesetzlich verankert bzw. gesetzlich geschützt sind. Ein öffentliches Interesse besteht auch für den Baumschutz, der als Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen selbst in Art. 20a GG verankert ist.
Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Schriftleiter mittelstandsdepesche
Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll.
Gerokstr. 8 70188 Stuttgart
Tel.: 0711/ 30 58 93-0Fax: 0711/ 30 58 93-11
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