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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart



I.
Nichtige Wahlleistungsvereinbarung
BGH, Urteil vom 13.03.2025 – III ZR 40/24

Eine auf Initiative des Krankenhausträgers beziehungsweise eines Wahlarztes getroffene Wahlleistungsvereinbarung mit dem Inhalt, dass wahlärztliche Leistungen ohne besondere Bedingungen durch einen anderen Arzt als Vertreter des Wahlarztes ausgeführt werden, ist nichtig.

II.
Rücktrittsrecht bei Antrag auf Vermögensauskunft
BGH, Urteil vom 28.02.2025 – V ZR 246/23

Ein in einem Grundstückskaufvertrag mit Ratenzahlungsvereinbarung vorgesehenes Rücktrittsrecht des Verkäufers für den Fall, dass der Antrag gestellt wird, dass der Erwerber eine Vermögensauskunft zu erteilen und deren Vollständigkeit an Eides statt zu versichern hat, besteht im Zweifel nur bis zur vollständigen Erfüllung der dem Käufer nach dem Kaufvertrag obliegenden Pflicht zur Zahlung der Kaufpreisraten nebst etwaiger Forderungen, die - wie etwa Verzugszinsen - mit der Hauptleistungspflicht in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen.

III.
Auskunftsersuchen eines Gesellschafters
BGH, Beschluss vom 22.01.2025 – II ZB 18/23

Ein Auskunftsersuchen des Gesellschafters, das auch dem Ziel dient, die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhen der Mitgesellschafter dazu zu verwenden, diesen Kaufangebote für ihre Anteile zu unterbreiten, stellt keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Missbrauch des Auskunftsrechts dar. Einem solchen Auskunftsbegehren stehen auch nicht die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung entgegen.

IV.
Erklärung im Namen der Gesellschaft
BGH, Urteil vom 18.03.2025 – II ZR 77/24

Gibt ein Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auf deren Geschäftspapier eine Erklärung ab, die Wirkung auf die Vertragsbeziehungen der Gesellschaft entfalten soll, geht der objektive Erklärungswert einer solchen Erklärung grundsätzlich dahin, dass diese im Namen der Gesellschaft abgegeben werden soll.

V.
Verjährungsbeginn bei Rückerhalt der Mietsache
BGH, Urteil vom 29.01.2025 – XII ZR 96/23

a) Der Rückerhalt der Mietsache iSd § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB setzt eine Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus, weil dieser erst durch die unmittelbare Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen (im Anschluss an Senatsurteil vom 27. Februar 2019 - XII ZR 63/18 - NZM 2019, 408).

b) Für den Verjährungsbeginn ist der Rückerhalt der Mietsache auch dann maßgeblich, wenn der Mietvertrag noch nicht beendet ist mit der Folge, dass ein Anspruch iSd § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB bereits vor Beendigung des Mietverhältnisses verjähren kann (im Anschluss an BGH-Urteil vom 23. Oktober 2013 - VIII ZR 402/12 - NZM 2014, 128).

c) Zum Rückerhalt der Mietsache bei Einwurf der Schlüssel in den Briefkasten des Vermieters.

VI.
geschäftsunfähiger Auftraggeber und Notarkosten
BGH, Beschluss vom 26.02.2025 – IV ZB 37/24

Ein - für den Notar nicht erkennbar - geschäftsunfähiger Auftraggeber ist unabhängig von der Art der notariellen Tätigkeit zur Zahlung der Notarkosten verpflichtet. Die Vorschriften zur Geschäftsfähigkeit in §§ 104 ff. BGB sind auf Aufträge an einen Notar weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.

VII.
Einfirmenvertreter
LAG Hessen, Beschluss vom 24.02.2025 – 10 Ta 299/24

1. Für die Annahme, ein Handelsvertreter sei als sog. „Einfirmenvertreter kraft Vertrags“ i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB tätig, reicht es nicht aus, dass er durch ein branchenbezogenes Konkurrenzverbot in seiner Tätigkeit beschränkt ist, weil eine derartige vertragliche Absprache ihn nicht daran hindert, für Unternehmer eines anderen Wirtschaftszweigs tätig zu werden.

2. Für die Annahme, dass von einer „Handelsvertretertätigkeit kraft Weisung“ ausgegangen werden kann, muss nicht nur zu den erbrachten Tätigkeiten konkret vorgetragen werden, sondern auch, dass diese Arbeiten dem Handelsvertreter von dem Unternehmer auferlegt worden sind. Pauschale und schlagwortartige Beschreibungen reichen nicht aus.

3. Ob die Handelsvertretertätigkeit im Neben- oder Hauptberuf ausgeübt wird, ist irrelevant.

VIII.
Alkoholverbot an Bord eines Schiffes – Bereitschaftsdienst
Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 21.04.2025 – See 1 Ca 180/23

1. Ein Alkohol- und Drogenverbot an Bord eines Schiffes auch während der dienstfreien Zeit, um im Notfall die Einhaltung aller erteilten Anweisungen sicherzustellen, stellt keinen vergütungspflichtigen Bereitschaftsdienst dar.

2. Die Sicherstellung der Einsatzbereitschaft eines Besatzungsmitglieds führt nur dann zum Vorliegen von Bereitschaftsdienst, wenn das Besatzungsmitglied außerhalb seiner Arbeitszeit jederzeit mit der Aufnahme seiner Tätigkeit rechnen muss. Dies ist nicht der Fall, wenn das Besatzungsmitglied nur für Notfälle einsatzbereit sein muss.

IX.
Kein Wertersatz nach Widerruf Verbrauchervertrag
OLG Stuttgart, Urteil vom 08.04.2025 – 6 U 126/24

1. Ein nicht richtig über sein Widerrufsrecht belehrter Verbraucher, der den im Fernabsatz geschlossenen Kaufvertrag erfolgreich widerruft, hat dem Unternehmer keinen Wertersatz nach § 357a BGB zu leisten und zwar weder für eine Verschlechterung der gekauften Ware in der Zeit zwischen Auslieferung und Widerruf noch für eine solche in der Zeit zwischen Widerruf und Rücksendung oder Rückgabe.

2. Für die Zeit bis zum Widerruf steht dem Unternehmer auch kein anderer Ersatzanspruch zu.

3. Für die Zeit nach dem Widerruf sperrt § 361 Abs. 1 BGB hingegen einen Anspruch des Unternehmers auf Ersatz des Schadens nicht, der ihm dadurch entsteht, dass der Verbraucher die Ware weiter benutzt.

X.
Verjährung datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch
OLG Dresden, Beschluss vom 18.03.2025 – 4 U 1586/22

1. Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch kann jedenfalls solange nicht verjähren, wie die Daten bei dem Verantwortlichen gespeichert sind.

2. Die Höhe des auslösenden Faktors in der Privaten Krankenversicherung sowie Zeitpunkt und Höhe von Alt- und Neubeiträgen, Tarifwechseln oder Tarifbeendigungen eines Versicherungsnehmers fall nicht unter den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch.

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Schriftleiter mittelstandsdepesche
Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll.
Gerokstr. 8 70188 Stuttgart
Tel.: 0711/ 30 58 93-0Fax: 0711/ 30 58 93-11
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