BGH: Vorzeitige Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft ist grundsätzlich zulässig
(Kiel) Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat soeben über die Frage zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Vorstandsmitglieds vorzeitig wiederbestellt werden kann.
Darauf verweist der Nürnberger Fachanwalt für Erb-, Steuer sowie Handels- und Gesellschaftsrecht Dr. Norbert Gieseler, Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17.07.2012 zu seinem Urteil vom 6. Juli 2012 - II ZR 55/11.
Der Kläger ist Mitglied des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft, an der zwei Familienstämme beteiligt sind. Am Tag vor der Hauptversammlung vom 7. Juli 2007 beschloss der Aufsichtsrat, zwei Vorstandsmitglieder, die einem Familienstamm zuzurechnen waren, unter "einvernehmlicher Aufhebung" ihrer noch bis zum Januar 2010 laufenden Bestellung für jeweils fünf Jahre bis Juli 2012 erneut zu Vorstandsmitgliedern zu bestellen.
Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass die Aufsichtsratsbeschlüsse über die Wiederbestellung der beiden Vorstandsmitglieder nichtig sind. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Nach seinen Feststellungen wurden die Beschlüsse über die vorzeitige Wiederbestellung für fünf Jahre vor dem Hintergrund von Streitigkeiten zwischen den Familienstämmen gefasst, um für den am nächsten Tag von der Hauptversammlung zu wählenden neuen Aufsichtsrat "vollendete Tatsachen" zu schaffen.
Nach § 84 Abs. 1 AktG dürfen Vorstandsmitglieder auf höchstens fünf Jahre bestellt werden; über eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit darf der Aufsichtsrat frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit entscheiden. Im juristischen Schrifttum herrscht Streit darüber, ob die erneute Bestellung eines Vorstandsmitglieds unter gleichzeitiger Aufhebung seiner bisherigen Bestellung außerhalb der Jahresfrist rechtmäßig ist oder eine unzulässige Umgehung des § 84 Abs. 1 AktG darstellt. Nach Nr. 5.1.2 des DCGK (Deutscher Corporate Governance Kodex) soll eine Wiederbestellung vor Ablauf eines Jahres vor dem Ende der Bestelldauer bei gleichzeitiger Aufhebung der laufenden Bestellung nur bei Vorliegen besonderer Umstände erfolgen.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, so Dr. Gieseler, dass nach § 84 Abs. 1 AktG eine Wiederbestellung des Vorstandsmitglieds für (höchstens) fünf Jahre nach einverständlicher Amtsniederlegung auch ohne besondere Gründe zulässig ist. Sowohl die Gesetzgebungsgeschichte als auch der Sinn und Zweck des § 84 Abs. 1 AktG lassen diese Möglichkeit zu. Entscheidend ist danach, dass der Aufsichtsrat sich nicht länger als nach § 84 Abs. 1 AktG zulässig bindet und mindestens alle fünf Jahre über die Verlängerung der Amtszeit des Vorstandsmitglieds eine Entscheidung trifft. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Dass der neue Aufsichtsrat durch die Entscheidung gebunden wird, macht sie nicht unzulässig. Denn der Aufsichtsrat in seiner jeweiligen personellen Zusammensetzung hat kein Recht, den Vorstand ohne Rücksicht auf die Laufzeit der Bestellungen mit Mitgliedern seines Vertrauens zu besetzen. Gründe, aus denen die Wiederbestellung im konkreten Fall rechtsmissbräuchlich hätte sein können, waren nicht ersichtlich.
Dr. Gieseler riet, ggfs. dies zu beachten und verwies dabei für Rechtsfragen u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de
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Dr. Norbert Gieseler
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