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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Änderungsklausel mit Leistungsbestimmungsrecht des Vermieters in gewerblichem Mietvertrag
BGH, Urteil vom 09.05.2012, Az. XII ZR 79/10
In einem gewerblichen Mietvertrag hält eine Klausel, die dem Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht dahingehend einräumt, bei einer Änderung der ortsüblichen oder angemessenen Miete den vom Mieter zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festzusetzen, der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB stand.
II.
GmbHG: Beratungspflicht des Geschäftsführers bei Anzeichen einer Krise
BGH, Urteil vom 27.03.2012, Az. II ZR 171/10
a)Verfügt der Geschäftsführer einer GmbH nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss, hat er sich bei Anzeichen einer Krise der Gesellschaft unverzüglich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einer unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Person beraten zu lassen.
b)Der Geschäftsführer darf sich nicht mit einer unverzüglichen Auftragserteilung begnügen, sondern muss auch auf eine unverzügliche Vorlage des Prüfergebnisses hinwirken.
III.
Unwirksamkeit einer Auslagenklausel der Sparkasse
BGH, Urteil vom 08.05.2012, Az. XI ZR 61/11
Die dem Muster von Nr. 18 AGB-Sparkassen nachgebildete Klausel einer Sparkasse
"Die Sparkasse ist berechtigt, dem Kunden Auslagen in Rechnung zu stellen, die anfallen, wenn die Sparkasse in seinem Auftrag oder seinem mutmaßlichen Interesse tätig wird (insbesondere für Ferngespräche, Porti) oder wenn Sicherheiten bestellt, verwaltet, freigegeben oder verwertet werden (insbesondere Notarkosten, Lagergelder, Kosten der Bewachung von Sicherungsgut)."
ist im Verkehr mit Verbrauchern nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (Abgrenzung von BGH, Urteil vom 10. November 1988 - III ZR 215/87, WM 1989, 129).
IV.
Sachgrundlose Befristung/Verlängerung/Zeitpunkt/Schriftform
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 19.04.2012, Az. 8 Sa 63/12
1.Unwirksame Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages durch schriftliche Vereinbarung erst nach Ablauf des vorangehenden Befristungszeitraums.
2.Rechtzeitige mündliche Verlängerungsabrede wahrt nicht die Schriftform; keine Heilung möglich (gegen LAG Düsseldorf, 06.12.2001 – 11 Sa 1204/01 – LAGE § 17 TzBfG Nr. 1)
V.
Arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Kündigungsfrist von 18 Monaten
Arbeitsgericht Heilbronn, Urteil vom 08.05.2012, Az. 5 Ca 307/11
Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichen Kündigungsfrist von 18 Monaten zum Monatsende ist bei einem Einkaufsleiter Einkauf International einer europaweit tätigen Supermarktkette zulässig.
VI.
Abmahnung - Anhörung - Arbeitszeitbetrug - Verdachtskündigung
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.03.2012, Az. 10 Sa 2272/11
1.Auch beim "Arbeitszeitbetrug" einer langjährig Beschäftigten bedarf es grundsätzlich zunächst einer Abmahnung.
1)2) Die Einladung zur Anhörung vor Ausspruch einer Verdachtskündigung muss den Gegenstand des Gespräches beinhalten und den Mitarbeiter in die Lage versetzen, eine Vertrauensperson hinzuzuziehen.
VII.
GmbHG § 64; GmbHG i.d.F. bis 31. Oktober 2008 § 64 Abs. 2
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.03.2012, Az. II ZR 171/10
a)Verfügt der Geschäftsführer einer GmbH nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss, hat er sich bei Anzeichen einer Krise der Gesellschaft unverzüglich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einer unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Person beraten zu lassen.
b)Der Geschäftsführer darf sich nicht mit einer unverzüglichen Auftragserteilung begnügen, sondern muss auch auf eine unverzügliche Vorlage des Prüfergebnisses hinwirken.
VIII.
UWG § 8 Abs. 4
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.12.2011, Az. I ZR 174/10 Bauheizgerät
a)Schlägt der Abmahnende dem wegen eines Wettbewerbsverstoßes Abgemahnten in einer vorformulierten Unterlassungsverpflichtungserklärung für jeden Fall der Zuwiderhandlung das Versprechen einer Vertragsstrafe vor, die unabhängig von einem Verschulden verwirkt sein soll, kann dies ein Anhaltspunkt dafür sein, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs missbräuchlich und nach § 8 Abs. 4 UWG unzulässig ist.
b)Die Abmahnung wegen eines Wettbewerbsverstoßes ist nicht allein deshalb missbräuchlich und nach § 8 Abs. 4 UWG unzulässig, weil eine frühere Abmahnung wegen eines gleichartigen Wettbewerbsverstoßes missbräuchlich und nach § 8 Abs. 4 UWG unzulässig war und sich die spätere Abmahnung ausdrücklich auf die frühere Abmahnung bezieht.
IX.
Fortbestehen in England erloschener Limited als Personengesellschaft in Deutschland
OLG Celle, Beschluss vom 29.05.2012, Az. 6 U 15/12
Hört eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die ihren Sitz in England hat, dort auf zu bestehen, weil sie im dortigen Gesellschaftenregister gelöscht wird, besteht sie, wenn sie ihre Geschäftstätigkeit in Deutschland fortsetzt, hier fort, falls sie ein Handelsgewerbe betreibt, als offene Handelsgesellschaft, sonst als Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
X.
Fristlose Kündigung eines Darlehensvertrages: Unterlassene Anzeige der Insolvenz eines Darlehensnehmers als Kündigungsgrund für weitere Darlehensnehmer
OLG München, Urteil vom 16.04.2012, Az. 19 U 437/12
1.Ein Darlehen als Dauerschuldverhältnis kann grundsätzlich nur einheitlich gegenüber allen Darlehensnehmern als Gesamtschuldnern gekündigt werden. Demzufolge reicht es für eine solche notwendig einheitliche Kündigung auch aus, wenn nur gegenüber einem Mit-Darlehensnehmer ein Kündigungsgrund besteht.(Rn.14)
2.Besteht jedoch die Besonderheit, dass das Darlehensverhältnis gegenüber einem Darlehensnehmer gem. § 41 InsO kraft Gesetzes als gekündigt gilt, jedoch gegenüber dem anderen Darlehensnehmer fortbesteht, so ist die isolierte Kündigung gegenüber dem zweiten Darlehensnehmer möglich.(Rn.15)
3.Außerdem ist zu berücksichtigen, dass jeden Darlehensnehmer die Nebenpflicht trifft, die Insolvenz seines Mit-Darlehensnehmers auch ohne entsprechende Nachfrage anzuzeigen.(Rn.16)
Die Urteile wurden von Rechtsanwalt Michael Henn zusammengestellt.
Michael Henn ist Schriftleiter der mittelstandsdepesche und Vizepräsident der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Henn
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