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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart


I.
Rückzahlung der Mietsicherheit durch den Ersteher
BGH, Urteil vom 07.03.2012, Az. XII ZR 13/10

Auf den Ersteher eines vermieteten Grundstücks geht die Verpflichtung zur Rückzahlung der Mietsicherheit an den Mieter kraft Gesetzes auch dann über, wenn der insolvent gewordene Voreigentümer die vom Mieter erhaltene Mietsicherheit nicht getrennt von seinem sonstigen Vermögen angelegt hatte.

II.
Erstlaufzeit bei Fitness-Studiovertrag
BGH, Urteil vom 08.02.2012, Az. XII ZR 42/10

a)In einem Fitness-Studiovertrag hält eine vorformulierte Vertragsbestimmung, die eine Erstlaufzeit des Vertrages von 24 Monaten vorsieht, grundsätzlich der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand.

b)Zur Unwirksamkeit einer Kündigungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Fitness-Studiovertrags, die das Recht des Kunden zur außerordentlichen Kündigung unangemessen einschränkt.
III.
Urkundenprozess im Mietrecht
KG Berlin, Urteil vom 05.04.2012, Az. 12 U 49/11

§ 592 Satz 1 ZPO öffnet den Urkundenprozess grundsätzlich unterschiedslos für die Geltendmachung aller Ansprüche, welche die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand haben. Das ist auch bei Mietforderungen der Fall. Der Statthaftigkeit des Urkundenprozesses steht nicht entgegen, dass der Mieter Mängel der Mietsache behauptet hat und der Anspruch auf die Miete daher gemäß § 536 Abs. 1 BGB von Gesetzes wegen ganz oder teilweise erloschen sein könnte. Sind dagegen erhebliche Mängel der Mietsache zwischen den Parteien unstreitig und damit nicht beweisbedürftig, so steht fest, dass die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist. Die Höhe der dann nur noch geschuldeten geminderten Miete ergibt sich nicht aus dem Mietvertrag. Der Mietzins kann dann in der Regel nicht mehr im Urkundenprozess eingeklagt werden.

IV.
Anwohneranspruch auf Einhaltung der Nutzungszeiten öffentlicher Einrichtungen; Verantwortung für durch bestimmungsgemäßen Gebrauch hervorgerufene Geräuschimmissionen
Verwaltungsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.03.2012, Az. 10 S 2428/11

1.Auch wenn grundsätzlich dem Anwohner ein Anspruch auf Einhaltung der von der Gemeinde festgesetzten Nutzungszeiten öffentlicher Einrichtungen zustehen kann, so gilt dies für die Abwehr von Geräuschimmissionen, die durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch von Kinderspielplätzen verursacht werden, seit Inkrafttreten von § 22 Abs. 1a BImschG mit Wirkung zum 28.07.2011 nicht mehr. (Rn.5)

2.Der Betreiber einer öffentlichen Einrichtung ist für die durch den bestimmungswidrigen Gebrauch versursachten erheblichen Belästigungen dann verantwortlich, wenn er durch die Einrichtung einen besonderen Anreiz zum Missbrauch geschaffen hat, d.h. wenn in dem bestimmungswidrigen Verhalten eine mit der Einrichtung geschaffene besondere Gefahrenlage zum Ausdruck kommt und der Fehlgebrauch sich damit bei einer wertenden Betrachtungsweise als Folge der konkreten Standortentscheidung erweist. (Rn.14)

V.
Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs bei Geschäftsfahrzeugen
VG Oldenburg, Beschluss vom 12.04.2012, Az. 7 B 3093/12

Unterlässt ein Unternehmen die Nutzung eines Fahrzeugs, das mehreren Fahrern zur Verfügung steht, zu dokumentieren, geht es das Risiko ein, dass das Führen eines Fahrtenbuchs angeordnet wird, ohne dass es sich erfolgreich (u.a.) auf eine Verletzung der sog. Zweiwochenfrist und/oder eine zu schlechte Bildqualität berufen könnte.

VI.
Räumungsvergleich
AG Mannheim, Urteil vom 23.03.2012, Az. 9 C 452/11

1.Ein Vermieter, der schuldhaft eine Kündigung wegen Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB) ausspricht, der in Wahrheit nicht besteht, ist dem Mieter grundsätzlich zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

2.Ein solcher Schadensersatzanspruch des Mieters ist aber dann zu verneinen, wenn die Parteien einen gerichtlichen Räumungsvergleich geschlossen hatten, mit dem der Streit über die Berechtigung des Eigenbedarfs beigelegt wurde. Davon ist zumindest dann auszugehen, wenn der behauptete Eigenbedarf in dem Vergleich vorangegangenen Räumungsverfahren ausdrücklich bestritten wurde.

VII.
Verkehrssicherungspflichtverletzung: Voraussetzungen einer Haftung des Grundstückseigentümers für Schäden an parkenden Kraftfahrzeugen durch Dachlawinen
Thüringer OLG, Beschluss vom 28.03.2012, Az. 4 U 966/11

1.Im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht kann ein Hauseigentümer nur dann aus einem Unterlassen in Anspruch genommen werden, wenn er eine Rechtspflicht hatte, Vorkehrungen zu treffen, um einen durch Schneesturz (hier Dachlawine) entstehenden Schaden abzuwenden. Grundsätzlich sind nämlich Passanten oder - wie hier - Fahrzeugeigentümer im gebotenen eigenen Interesse selbst verpflichtet, sich bzw. ihr Fahrzeug vor der Gefahr der Verletzung oder Beschädigung durch herab fallenden Schnee zu schützen.(Rn.11)

2.Daher muss ein Hauseigentümer nur bei besonderen Umständen Schutzmaßnahmen gegen die durch herabfallenden Schnee (von seinem Hausdach) verursachte Gefahr treffen. Fehlt es an solchen Umständen, haftet er nicht für Schäden, die durch eine herabstürzende Dachlawine an fremden Fahrzeugen, die vor oder auf seinem Grundstück parken, entstehen.(Rn.11)

VIII.
Außerordentliche Kündigung - Wettbewerbsverbot - Abwerbung von Arbeitnehmern Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.03.2012, Az. 3 Sa 612/11

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist dem Arbeitnehmer während des rechtlichen Bestehens des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn der Einzelarbeitsvertrag keine ausdrückliche Regelung enthält. Für Handlungsgehilfen ist dies in § 60 HGB ausdrücklich geregelt. Diese Vorschrift konkretisiert einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt sein. Deshalb schließt der Arbeitsvertrag für die Dauer seines Bestehens über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des § 60 HGB hinaus ein Wettbewerbsverbot ein.

Zwar darf ein Arbeitnehmer, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 HGB nicht vereinbart ist, schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten. Unzulässig sind dagegen solche Vorbereitungshandlungen, die unmittelbar in die Interessen des Arbeitgebers eingreifen. Eine unmittelbare Gefährdung der Geschäftsinteressen des Arbeitgebers wird insbesondere durch eine Abwerbung von Arbeitnehmern herbeigeführt Eine vertragswidrige Abwerbung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer auf Arbeitskollegen einwirkt, um sie zu veranlassen, das bisherige Arbeitsverhältnis aufzugeben und für den Abwerbenden oder einen anderen Arbeitgeber tätig zu werden.

IX.
Änderungskündigung zur Vereinheitlichung von Arbeitsbedingungen
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.03.2012, Az. 9 Sa 627/11

1.Die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung, die darauf gerichtet ist, andere, als die bisher im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifverträge in Bezug zu nehmen, folgt nicht allein aus dem Interesse des Arbeitgebers an einer Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen.

2.Eine Klausel in einem Formulararbeitsvertrag, nach der der Arbeitgeber berechtigt sein soll, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die im Arbeitsvertrag zunächst in Bezug genommenen Tarifverträge für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen werden, ist nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.

X.
(Fehlenden) Zustimmungsbedürftigkeit des Ehegattengeschäfts – Grundstücksmiteigentumsanteil - übertragenden Ehegatten Restvermögen
OLG München, Beschluss vom 16.04.2012, Az. 34 Wx 485/11

1.Nach § 1365 Abs. 1 Satz 1 BGB kann sich ein im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebender Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Zustimmungsbedürftig sind danach nicht nur Rechtsgeschäfte über die Veräußerung des Gesamtvermögens als solches, sondern auch Geschäfte über einen einzelnen Gegenstand, wenn dieser das ganze oder nahezu ganze Vermögen ausmacht. Die Zustimmungsbedürftigkeit bei der Veräußerung von Einzelgegenständen hat außer einem objektiven auch noch ein subjektives Erfordernis: Der Vertragspartner muss positiv wissen, dass es sich bei dem Gegenstand um das ganze oder nahezu ganze Vermögen des Ehegatten handelt; zumindest muss er die Umstände kennen, aus denen sich dies ergibt

2.Werden einzelne Vermögensgegenstände übertragen, bleibt nach der Rechtsprechung bei kleineren Vermögen das Geschäft zustimmungsfrei, wenn dem verfügenden Ehegatten Werte von (etwa) 15 % verbleiben. Bei größeren Vermögen wird die Grenze bei etwa 10 % gezogen

Die Urteile wurden von Rechtsanwalt Michael Henn zusammengestellt.

Michael Henn ist Schriftleiter der mittelstandsdepesche und Vizepräsident der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Michael Henn
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