Auch in Top-Position nicht zwingend leitende Angestellte
Unternehmer, die alles selbst entscheiden wollen, werden ihre Führungskräfte nur schwer los. Denn diese sind nur dann als leitende Angestellte vom Kündigungsschutz ausgenommen, wenn sie eigene Vertretungsmacht insbesondere in Personalfragen haben, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Mittwoch, 19. Oktober 2011, veröffentlichten Urteil bekräftigt hat (Az.: 2 AZR 167/10). Auch das Betriebsverfassungsgesetz, das die Anhörung des Betriebsrats vor einer Kündigung vorschreibt, bleibt nur bei leitenden Angestellten außen vor.
Der Kläger trat 2007 als Leiter des Geschäftsbereichs Nord in die Dienste einer Zeitarbeitsfirma ein. Zu seinen Aufgaben gehörten das „Führen und Coachen der Niederlassungsleiter“ sowie die „Gewinnung von Topkunden und Topmitarbeitern“. Das Festgehalt betrug 10.500 Euro im Monat; nebst variablen Zulagen waren für 2008 insgesamt 210.000 Euro angestrebt.
Eine Top-Position also – aber dennoch kein leitender Angestellter, urteilte das BAG. Denn auch nach außen hin bindende Entscheidungen habe der Mann kaum getroffen. Insbesondere war er „nicht zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt“. Von einer solchen Vertretungsmacht könne „nicht die Rede sein, wenn sie sich auf die Befugnis beschränkt, intern Vorschläge zu unterbreiten“ bekräftigte das BAG ein eigenes Urteil vom 18. November 1999 (Az.: 2 AZR 903/98). Zudem müsse die Personalkompetenz „entweder eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern oder eine gewisse Anzahl bedeutender Arbeitnehmer erfassen“ (so schon Urteil vom 10. Oktober 2002, Az.: 2 AZR 598/01).
Diese Personalkompetenz habe dem Geschäftsbereichsleiter der Zeitarbeitsfirma gefehlt, so das BAG. Insbesondere sei er nicht zur Einstellung der für das Unternehmen wichtigen Niederlassungsleiter befugt gewesen. Dass er auf diese Personalentscheidungen einen maßgeblichen Einfluss hatte, reiche nicht aus. Andere wichtige Personalentscheidungen habe der Mann kaum getroffen, entsprechende Befugnisse standen „im Wesentlichen auf dem Papier“.
Im Ergebnis sei daher der Geschäftsbereichsleiter kein leitender Angestellter und das Kündigungsschutzgesetz somit anwendbar, entschied das BAG. Nach dem am 14. April 2011 verkündeten Urteil muss nun das Landesarbeitsgericht Bremen prüfen, ob die Gründe, mit denen die Zeitarbeitsfirma das Arbeitsverhältnis auflösen will, vor dem Kündigungsschutzgesetz Bestand haben.
In früheren Entscheidungen zu einem Chefarzt hatte das BAG die Personalkompetenz für nur vier Mitarbeiter nicht ausreichen lassen (Beschluss vom 10.10.2007, Az.: 7 ABR 61/06). Auch sonst seien ihm „unternehmerische (Teil-)Aufgaben nicht wirklich übertragen worden“, die Bezeichnung des Chefarztes als leitender Angestellter im Arbeitsvertrag spiele rechtlich keine Rolle (Beschluss vom 05.05.2010, Az.: 7 ABR 97/08).
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Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder, Kanzlei Blaufelder, Ludwigsburg
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