Späterer Hartz-IV-Antrag kann sich für ehemalige Gefangene lohnen
Haben aus der Haft entlassene Straftäter Überbrückungsgeld erhalten, kann es sich für sie lohnen, dass sie einen Arbeitslosengeld-II-Antrag erst im Folgemonat stellen. Dies geht aus einem am Donnerstag, 6. Oktober 2011, verkündeten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel hervor (Az.: B 14 AS 94/10 R). Denn mit der späteren Antragstellung müsse das Überbrückungsgeld als Vermögen und nicht als Einkommen auf die Hartz-IV-Leistungen angerechnet werden, so der 14. Senat. Für Vermögen können dann Freibeträge geltend gemacht werden.
Damit bekam ein aus der Haft entlassener Gefangener aus Nordrhein-Westfalen recht. Der Mann erhielt am 26. März 2008 nach einer fast dreijährigen Haft Überbrückungsgeld in Höhe von 1.794 Euro ausgezahlt. Das Geld dient dazu, dass entlassene Gefangene die ersten vier Wochen über die Runden kommen und ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Doch statt mit dem Geld die Lebenshaltungskosten zu finanzieren, zahlte der Kläger davon seine Schulden zurück. Nur einige Tage nach Erhalt des Überbrückungsgeldes stellte er beim Jobcenter Rhein-Erft-Kreis einen Arbeitslosengeld-II-Antrag.
Die Behörde wollte jedoch nicht zahlen. Der Arbeitslose müsse für seinen Lebensunterhalt erst sein Überbrückungsgeld verwenden. Dieses sei auf die Hartz-IV-Leistungen voll als Einkommen anzurechnen.
Der ehemalige Gefangene wollte dies nicht einsehen. Er habe schließlich seinen Hartz-IV-Antrag erst nach Erhalt des Überbrückungsgeldes gestellt. Das Geld stelle nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts daher kein Einkommen, sondern Vermögen dar. Bei Vermögen könnten Arbeitslosengeld-II-Bezieher aber einen Grundfreibetrag in Höhe von 3.100 Euro beanspruchen. Das Jobcenter dürfe nur Beträge die darüber hinausgehen, mindernd auf das Arbeitslosengeld II anrechnen.
Der 14. Senat des BSG gab dem Mann nun recht. Da das Überbrückungsgeld dem ehemaligen Gefangenen noch kurz vor der Arbeitslosengeld-II-Antragstellung zugeflossen sei, sei es nach damaligem Recht als Vermögen zu werten. Das Jobcenter dürfe daher Beträge unterhalb des Freibetrags nicht auf das Arbeitslosengeld anrechnen.
Mittlerweile hat hier der Gesetzgeber jedoch etwas nachgebessert. Seit dem 1. April 2011 werden Geldzahlungen nur dann noch als Vermögen gewertet, wenn diese im Monat vor der Arbeitslosengeld-II-Antragstellung dem Arbeitslosen zugeflossen sind.
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Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder, Kanzlei Blaufelder, Ludwigsburg
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