BSG klärt Umlage von Investitionskosten bei Alten- und Pflegeheimen
Leben Alten- und Pflegeheimbewohner in einer öffentlich geförderten Einrichtung, kommen auf sie und die Sozialhilfeträger in vielen Fällen höhere Kosten zu. Denn wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in mehreren am Freitag, 9. September 2011, bekanntgegebenen Urteilen vom Vortag entschieden hat, können Heimträger sogenannte Erbbauzinsen als Investitionskosten auf die Bewohner voll umlegen (Az.: B 3 P 4/10 R, B 3 P 2/11 R, B 3 P 3/11 R und B 3 P 6/10 R). Erbbauzinsen werden fällig, wenn der Heimträger ein Alten- oder Pflegeheim auf einem gepachteten Grundstück errichtet hat.
Geklagt hatten das Bayerische Rote Kreuz und die Pro civitate gGmbH. Letztere betreibt insbesondere in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mehrere Seniorenheime. Vom Land Sachsen-Anhalt hatten Pro civitate und weitere Heimträger für insgesamt 136 Einrichtungen einen öffentlichen Zuschuss erhalten. Auf diese Weise sollten die Kosten für die Heimbewohner niedrig gehalten werden.
Da die öffentlichen Zuschüsse nach Auffassung der Heimträger bestimmte betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen nicht abdeckten, wollten sie diese Kosten auf die einzelnen Heimbewohner umlegen. Strittig waren insbesondere Aufwendungen für Erbbauzinsen, Eigenkapitalzinsen und Rückstellungen für zukünftige Investitionen.
So führte das Bayerische Rote Kreuz an, dass für eine ihrer Pflegeeinrichtungen in Oberstdorf mit derzeit 115 Pflegeplätzen jährlich Erbbauzinsen in Höhe von 49.326 Euro anfielen. Auch diese Kosten müssten – mit rechnerisch knapp 36 Euro pro Monat – auf den einzelnen Pflegeplatz umgelegt werden können. Können Heimbewohner die Kosten nicht zahlen, sind unter Umständen die Sozialhilfeträger in der Pflicht.
Die zuständigen Landesbehörden in Sachsen-Anhalt und Bayern lehnten das Vorgehen der Heimträger ab und meinten, dass mit den öffentlichen Zuschüssen auch die entsprechenden Investitionsaufwendungen weitgehend abgedeckt seien.
Der 3. Senat des BSG stellte nun fest, dass Erbbauzinsen ähnlich wie Mietkosten auf die Heimbewohner umgelegt werden können. Pro civitate kann danach bei einer ihrer Pflegeeinrichtungen weitere 20 Cent pro Pflegetag (etwa sechs Euro pro Monat) zusätzlich in Rechnung stellen.
Grundstücksbezogene Kosten wie der Kauf und die Erschließung dürfen dagegen nicht auf die einzelnen Heimbewohner abgewälzt werden, urteilte das BSG weiter. „Denn Grund und Boden unterliegt keinem Wertverzehr“, sagte Ulrich Hambüchen, Vorsitzender des 3.Senats.
Prognostizierte Wiederbeschaffungs- und pauschalierte Instandsetzungs- oder Instandhaltungskosten dürften ebenfalls nicht umgelegt werden. Sachsen-Anhalt zahlt hierfür bislang eine Pauschale von 50 Cent und nach einem Jahr ein Euro pro Pflegetag und -fall. Für solch eine Pauschale gebe es aber gar keine Rechtsgrundlage, so das BSG. Wollen Heimträger Instandsetzungs- und Wiederbeschaffungskosten den Heimbewohnern zusätzlich in Rechnung stellen, müssten sie vielmehr die tatsächlich angefallenen Kosten – in der Regel des Vorjahres – zugrunde legen. Bis Ende 2012 müssen die Länder, welche hierfür Pauschalen gewähren, eine entsprechende Neuregelung schaffen.
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Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder, Kanzlei Blaufelder, Ludwigsburg
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