Justizia
 
 
Thorsten Blaufelder
Goethestr. 4
72175 Dornhan


» zum Anwaltsprofil

BSG stärkt Rechte von Sozialhilfeempfängern und Flüchtlingen

Haben Sozialhilfeempfänger und Asylbewerber rechtswidrig zu geringe Leistungen erhalten, können sie die ihnen als Pauschale zustehende Hilfe vier Jahre lang in voller Höhe zurückfordern. Die Kommune darf die Nachzahlung nicht wegen eines vermeintlich fehlenden aktuellen Bedarfs kürzen, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) am Donnerstag, 09.06.2011, in Kassel (AZ: B 8 AY 1/10 R).

Mit dem Urteil bekräftigte der 8. BSG-Senat seine bislang zur Sozialhilfe ergangene Rechtsprechung (AZ: B 8 SO 16/08 R) und wandte diese nun auch auf Leistungen für Asylbewerber an.

Im konkreten Fall hatte ein Asylbewerber aus dem Kosovo im Februar 2009 bei der Stadt Gelsenkirchen beantragt, die Höhe seiner bislang erhaltenen Hilfeleistung zu überprüfen. Wegen einer Änderung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssten ihm eigentlich höhere Asylbewerberleistungen zustehen. Er forderte daher, dass ihm im Zeitraum März bis Juni 2007 zu wenig gezahlte Gelder voll nachgezahlt werden – monatlich rund 100 Euro.

Die Stadt wollte jedoch nur für jeden Monat 27,60 Euro erstatten. Sie müsse nicht mehr für den vollen, für die Vergangenheit geltend gemachten Bedarf des Flüchtlings aufkommen. Nur jener Bedarf, den der Asylbewerber auch heute noch habe, müsse nachgezahlt werden. Lebensmittel gehörten beispielsweise nicht dazu. Zwar habe der Asylbewerber in der Vergangenheit mit der zu geringen pauschalierten Hilfeleistung auch zu wenig Geld für seine Ernährung erhalten, trotzdem sei er damals damit ausgekommen. Der Bedarf an Ernährung sei daher schon befriedigt worden.

Das BSG reagierte auf diese Rechnung jedoch mit Unverständnis. Habe der Asylbewerber rechtswidrig eine zu geringe pauschalierte Hilfeleistung erhalten, könne er die zu wenig gezahlten Beträge rückwirkend vier Jahre nachfordern. Dies sähen die gesetzlichen Regelungen so vor. Eine Aufteilung und damit einhergehende Kürzung einzelner Bedarfe sei unzulässig, stellte der 8. Senat klar. Den konkreten Fall verwies das BSG jedoch an die Vorinstanz wegen fehlender Tatsachenfeststellungen zurück.

Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass Sozialhilfe und Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz inzwischen wie Hartz IV weitgehend als Pauschalen ausgezahlt werden. In den Beträgen sind jetzt Anteile für größere Anschaffungen enthalten, die die Hilfeempfänger ansparen sollen. Dies ist natürlich nicht möglich, wenn sie dieses Geld für Lebensmittel ausgeben mussten, weil sie hierfür zu wenig bekommen haben.

Mehr zu vielen anderen Themen finden Sie auf meiner Homepage http://www.kanzlei-blaufelder.de

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder, Kanzlei Blaufelder, Ludwigsburg
 
«  zurück