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Vereinbarkeit einer allgemeinen arbeitsvertraglichen Versetzungsklausel mit dem AGB-Recht der §§ 305 ff BGB

Zum Teil noch nicht vollkommen geklärt ist die Zulässigkeit einzelner Arbeitsvertragklauseln nach dem AGB Recht der §§ 305 ff BGB.

Das BAG hat zu einer solchen Klausel, es handelte sich um eine Versetzungsklausel, im Januar 2011 ein aufschlussreiches Urteil erlassen (Urt. des BAG vom 19.01.2011, 10 AZR 738/09).

Darin ging es um eine Zulässigkeit der folgenden in dieser Weise nicht selten verwendeten Klausel:

„Die Firma (ein Arzneimittelhersteller mit eigenem Vertrieb) behält sich Gebietsänderungen oder Zuweisung eines anderen Gebiets vor, wenn sich dies aus der weiteren Entwicklung des Außendienstes ergibt“.

Dazu führt das BAG aus, das AGB nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen seien, wie diese von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei auf den durchschnittlichen Vertragspartner und auf den durchschnittlichen Verwender abzustellen sei.

Dazu führt das BAG dann aus, dass bei Vorliegen einer (vertraglichen) Festlegung von Ort und Art der Tätigkeit eine Bestimmung der Hauptleistungspflicht gegeben sei. Diese sei dann nur über eine Transparenzkontrolle (§ 307 I Satz 2 BGB) überprüfbar.

Bei Fehlen einer solchen Leistungsbestimmung sei dagegen (immer) die Regelung des § 106 GewO anwendbar (sofern es keine tarifvertraglichen Regeln oder Betriebsvereinbarungen gibt, die dies genauer bestimmen).

Das BAG führte danach aus, dass mit der von den Parteien gewählten Versetzungsklausel von den Parteien „klargestellt“ worden sei, dass § 106 GewO gelten solle. Gründe, warum die Vertragsparteien dies mit dieser Klausel „klargestellt“ haben sollen, gibt das BAG dazu aber leider nicht an.

Überraschend sei diese Klausel ebenfalls nicht, so wie vom Kläger behauptet.

Da die tatsächlichen Voraussetzungen des § 106 GewO (Ausübung „billigen Ermessens“ und damit eine gewisse Interessenabwägung) von der Vorinstanz nicht geprüft worden waren, erfolgte in dem besprochenen Fall eine Zurückweisung der Rechtssache an das LAG.

Letztlich ist bei der Versetzungsklausel also eine Beurteilung des „billigen Ermessens“ nach den Kriterien des § 106 GewO erforderlich, sofern die Ermessenskriterien nicht in der arbeitsvertraglichen Klausel selbst schon explizit genannt worden sind.

Damit bewirkt eine solche allgemeine Versetzungsklausel augenscheinlich offenbar nicht mehr, als § 106 GewO ohnehin schon vorschreibt, nämlich eine Ausübung "billigen Ermessens".

Der Verfasser, Dr. Ulrich Walter Stoklossa (Homepage: www.rechtsanwalt-marktheidenfeld.de), ist nachhaltig auf dem Gebiet des Arbeitsrechts tätig. Er ist seit dem Jahr 2003 Fachanwalt für Arbeitsrecht (zusätzlich auch Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Familienrecht). Er ist Mitglied im VDAA (Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte). Die Kanzlei liegt in Marktheidenfeld, Unterfranken, im Einzugsbereich der Städte Wertheim (BW) und Lohr a. Main (Bayern), und des Landkreises Würzburg.
 
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