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Nachehelicher Unterhalt des Ehegatten, der während der Ehezeit seinen Arbeitsplatz aufgegeben hat

Eines der am stärksten zwischen den Parteien umstrittenen Gebiete ist der nacheheliche Unterhalt, der auch bei Wahrnehmung der Erwerbsobliegenheit des berechtigten Ehegatten noch zu einem Aufstockungsunterhalt führen kann.

Bei der Frage, ob ein nachehelicher Unterhalt zu leisten ist, hat grundsätzlich die Ehedauer eine große Bedeutung, wie auch die Frage, ob einer der Eheleute Erwerbsnachteile durch die Ehe gehabt hatte.

Hier ist nicht selten die Frage von Bedeutung, ob es eine gemeinsame Planung beider Eheleute gab, wenn einer der Ehepartner während der Ehezeit seine Berufstätigkeit (ganz oder teilweise) aufgegeben hat.

Hierzu hat der BGH am 16.02.2011 XII ZR 108/09 (Vorinstanz OLG Braunschweig) ein aufschlussreiches Urteil erlassen.

Im Ausgangsfall bestand die Ehe nahezu 20 Jahre. Beide Eheleute waren anfangs berufstätig. Während der Ehe kündigte die Ehefrau ihr Arbeitsverhältnis ohne dass der Ehemann dies billigte. Die Ehefrau berief sich nach der Ehe dann im Unterhaltsprozess auf ehebedingte Nachteile infolge ihrer reduzierten Berufstätigkeit.

Nach Auffassung des BGH sei es grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob der unterhaltsverpflichtete Ehegatte in die Aufgabe der Berufstätigkeit durch den unterhaltsberechtigten Ehegatten eingewilligt hat.

Dieses Vorgehen des Ehegatten, der den Arbeitsplatz aufgibt, sei von der Gestaltung der ehelichen Verhältnisse durch die Ehegatten noch gedeckt. Nur wenn die Aufgabe der Berufstätigkeit aus Gründen, die außerhalb der Ehegestaltung liegen, erfolgt, kann das Vorliegen von Erwerbsnachteilen des unterhaltsberechtigten Ehegatten verneint werden.

Anmerkung des Verfassers:
Die Rechtsprechung des BGH schafft einen sehr weiten Maßstab dafür, dass auch die zwischen Eheleuten nicht einvernehmlich geregelte Frage, ob einer der Eheleute seine Berufstätigkeit aufgibt, die ehelichen Verhältnisse prägen. Das kann dann zu Ansprüchen des Ehepartners führen können, der ohne wichtige Gründe zu haben, seine Berufstätigkeit aufgegeben hat. Kritisch kann hier angemerkt werden, dass eine grundlose Arbeitsplatzaufgabe gegen das im BGB verankerte Prinzip verstößt, dass sich beide Eheleute für die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Führung der Ehe grundsätzlich in gleicher Weise einzusetzen haben. Die Entscheidung ist also nicht unproblematisch und ist geeignet, bei Bedürftigkeit des den Arbeitsplatz aufgebenden Ehegatten, die öffentliche Hand zum Nachteil desjenigen Ehegatten zu schützen, der seine Erwerbsverpflichtungen in der Ehe uneingeschränkt wahrgenommen hat.

Der Verfasser, Dr. Ulrich Walter Stoklossa, ist nachhaltig auf dem Gebiet des Familienrechts tätig. Er ist seit rund 10 Jahren Fachanwalt für Familienrecht. Die Kanzlei liegt in Marktheidenfeld, Unterfranken, im Einzugsbereich der Städte Wertheim und Lohr a. Main.
 
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