Fremdenrecht - EuGH schiebt Diskriminierung von EU-Familienangehörigen einen Riegel vor
Der EuGH hat in der RS C-34/09, Zambrano eine richtungsweisende Entscheidung für das Fremdenrecht gefällt: Für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von Angehörigen von Unionsbürgern ist kein grenzüberschreitender Sachverhalt notwendig! Der Inländerdiskriminierung der Angehörigen von Österreichern schiebt der EuGH damit einen Riegel vor.
Bei den im konkreten Fall betroffenen Ehegatten Zambrano handelt es sich um zwei kolumbianische Staatsangehörige, die nach einem abgelehnten Asylantrag (nach Auffassung der belgischen Behörden) mangels Aufenthaltstitel unrechtmäßig in Belgien aufhältig sind. Auf Grund einer Kuriosität im belgischen Staatsangehörigkeitsrecht sind zwei Kinder der beiden belgische Staatsangehörige.
Die Ehegatten Zambrano stellten sich auf den Standpunkt, dass ihnen ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukomme, weil ihre Kinder, die als belgische Staatsangehörige Unionsbürger sind, sonst ihre auf Grund des EU-Rechts gewährleisteten Rechte nicht ausüben können. Alle Mitgliedstaaten sowie die EU-Kommission verneinten ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht, da ein reiner Inlandssachverhalt vorliegt und die Freizügigkeit nicht ausgeübt wurde.
Der EuGH bejahte allerdings trotz reinen Inlandssachverhalts das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht! Richtig sei, dass die RL 2004/38/EG nicht anzuwenden sei, da diese nur grenzüberschreitende Sachverhalte regle. Art. 20 AEUV gewähre aber allen Unionsbürgern gewisse Rechte, die effektiv zu gewährleisten sind. Müssten die Kinder die EU verlassen, könnten sie diese Rechte nicht ausüben.
Damit ist klar: für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht ist kein grenzüberschreitender Sachverhalt erforderlich, sondern dieses kann auch bei einem reinen Inlandssachverhalt gegeben sein.
Dies erscheint im Lichte der sonstigen Rechtsprechung durchaus stimmig, denn der EuGH judiziert ständig, dass nicht nur eine tatsächliche Beschränkung, sondern bereits eine potentielle Beschränkung der Freizügigkeiten den Beschränkungsverboten unterliegt und somit unzulässig ist (bzw. einer Rechtfertigung bedarf). Wird Familienangehörigen das Aufenthaltsrecht nicht gewährt, wird der Unionsbürger potentiell an der Ausübung der Freizügigkeit gehindert. Ob ein reiner Inlandssachverhalt vorliegt oder nicht, ist nicht relevant.
Gerade für das österreichische Fremdenrecht ist diese Entscheidung von enormer Tragweite. Seit 1.1.2006 unterscheidet das Fremdenpolizeigesetz (FPG) und Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) bei Angehörigen von Österreichern danach, ob der Österreicher die Freizügigkeit in Anspruch genommen hat oder nicht. Beim reinen Inlandssachverhalt werden die Angehörigen des Österreichers massiv diskriminiert, eine Inländerdiskriminierung, die der VfGH überraschend als nicht verfassungswidrig erkannt hat (VfGH B 1462/06; G 244/09).
Mit der nunmehr vorliegenden Entscheidung des EuGH ist diese Rechtslage und die Rechtspraxis der österreichischen Behörden wohl als EU-rechtswidrig anzusehen.
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