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Christian Hemmer
Kirstein & Selders
Goldbergstr. 84
45894 Gelsen­kirchen


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Die Telefonnummer als Pflichtangabe im Online-Impressum?

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Telemediengesetz (TMG) müssen Diensteanbieter für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien unter anderem solche Angaben leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar halten, die „eine elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post.“

Umstritten war bisher, wie genau diese Regelung auszulegen war und ob insbesondere die Formulierung „unmittelbare Kommunikation“ den Diensteanbietern gebieten würde, eine Telefonnummer in ihr Impressum aufzunehmen. Die Rechtsprechung war sich hier uneins.


Streit in der Rechtssprechung

So bejahte etwa das OLG Köln in seinem Urteil vom 13. Februar 2003 (6 U 109/03) die Pflicht, eine Telefonnummer im Impressum anzugeben. Dies begründete das OLG damit, dass bereits aus dem Wortlaut des § 6 Nr. 1 und 2 TDG (Regelung jetzt in § 5 TMG) folge, dass ein Diensteanbieter Angaben machen müsse, die die unmittelbare Kommunikation mit ihm ermöglichten, und dass diese Angaben mehr als die Postanschrift und die E-Mail-Adresse beinhalten müssten. Denn die Angabe der Postanschrift würden bereits von § 6 Nr. 1 TDG gefordert, die Angabe der E-Mail-Adresse schreibe § 6 Nr. 2 TDG (Adresse der elektronischen Post) zwingend vor. Der Gesetzestext "unmittelbare Kommunikation", die nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 TDG neben die Möglichkeit einer schnellen elektronischen Kontaktaufnahme treten müsse, könne deshalb bei verständiger Würdigung der Gesetzesbegründung nur so verstanden werden, dass zur unmittelbaren Kommunikationsmöglichkeit eine Telefon- und nicht etwa nur eine Telefaxnummer angegeben werden müsse.

Dem widersprach hingegen das OLG Hamm in seinem Urteil vom 17.03.2004 (20 U 222/03). Dieses stellte fest, dass die Ermöglichung der telefonischen Kontaktaufnahme in § 6 TDG nicht ausdrücklich festgeschrieben sei. Aber auch eine Auslegung dieser Regelung lasse keine Pflicht zur Angabe einer Telefonnummer erkennen. Die Auslegung des Begriffs "unmittelbare Kommunikation" im Sinne des Gesetzes ergäbe nämliche, dass diese nicht nur durch das Telefon ermöglicht werden könne. Die Möglichkeit, sich über Anfragemasken oder/und e-mail auch mit individuellen Fragen an den Anbieter zu wenden und diese Fragen in engem zeitlichem Zusammenhang beantwortet zu erhalten, erfülle nämlich gleichfalls die Anforderungen einer unmittelbaren Kommunikation.

Schließlich musste sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) mit dieser Streitfrage beschäftigen. Dieser stellte fest, dass sich Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 eine Pflicht zur Angabe einer Telefonnummer ergeben könne. Zwar würde dies in der Richtlinie nicht wörtlich verlangt, eine Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschrift könne aber die Erforderlichkeit der Angabe einer Telefonnummer ergeben. Zudem sei nur per Telefon eine Kommunikation in Form von Rede und Gegenrede im Sinne eines echten Dialogs möglich. Andererseits könnte die Notwendigkeit, telefonische Anfragen zu beantworten die Förderung des elektronischen Geschäftsverkehrs hemmen. Unter diesen Umständen beschloss der BGH das bei ihm anhängige Verfahren auszusetzen und dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob ein Diensteanbieter dazu verpflichtet sei, vor Vertragsabschluss mit einem Nutzer des Dienstes eine Telefonnummer anzugeben, um eine schnelle Kontaktaufnahme und eine unmittelbare und effiziente Kommunikation zu ermöglichen.

Entscheidung des EuGH

Diese Frage entschied der EuGH nun mit Urteil vom 16.10.2008. Der EuGH stellte dabei fest, dass die Angabe einer Telefonnummer im Impressum nicht zwingend erforderlich sei. Allerdings stellt der EuGH auch klar, dass die bloße Angabe einer E-Mailadresse neben der postalischen Adresse ebenfalls nicht ausreiche. Vielmehr müsse ein Diensteanbieter daneben einen weiteren schnellen, unmittelbaren und effizienten Kommunikationsweg zur Verfügung stellen. Die Angabe einer Telefonnummer würde einen solchen Kommunikationsweg in jedem Fall eröffnen. Dies sei allerdings auch auf anderem Wege zu erreichen. So könne etwa neben einer E-Mailadresse eine elektronische Anfragemaske, mit der sich der Nutzer des Dienstes im Internet an den Diensteanbieter wenden könne, der per E-Mail antworte, genutzt werden. Allerdings setze dies auch eine zeitnahe Reaktion auf die über dieses Formular getätigten Anfragen voraus. So hatte der Diensteanbieter, über dessen Angelegenheit der BGH zu entscheiden hatte, auf Anfragen über sein Formular binnen 30 bis 60 Minuten geantwortet. Diese Zeit wurde auch vom EuGH als ausreichend angesehen. Ein Sonderfall läge allerdings vor, wenn ein Nutzer des Dienstes nach elektronischer Kontaktaufnahme mit dem Diensteanbieter keinen Zugang mehr zum elektronischen Netz habe und diesen um Zugang zu einem anderen, nichtelektronischen Kommunikationsweg ersuche. In einer solchen Situation müsse der Anbieter einen nichtelektronischen Kommunikationsweg zur Verfügung stellen, die ihm die Aufrechterhaltung einer effizienten Kommunikation ermögliche.

Fazit

Nach Entscheidung des EuGH muss also nicht zwingend eine Telefonnummer im Impressum angegeben werden. Gibt man allerdings keine Telefonnummer an, so muss eine andere Möglichkeit zur Verfügung gestellt werden, die dem Nutzer eine schnelle Kontaktaufnahme und eine unmittelbare und effiziente Kommunikation ermöglicht. Dies könnte etwa durch Bereitstellung einer elektronischen Anfragemaske der Fall sein, mittels derer ein Nutzer sich an den Anbieter wenden kann und daraufhin eine zeitnahe Antwort erhält. Theoretisch sind auch noch andere Mittel denkbar, welche die Voraussetzungen der schnellen Kontaktaufnahme und einer unmittelbaren und effizienten Kommunikation erfüllen könnten. Zu bedenken ist dabei allerdings, dass man sich mit der Bereitstellung solcher Mittel auf einen etwas unsicheren Pfad begibt. Denn die Frage, ob das zur Verfügung gestellte Mittel tatsächlich den vorgenannten Voraussetzungen entspricht, müsste bei neuen und ausgefalleneren Mitteln stets im Einzelfall entschieden werden, was ein gewisses Risiko in sich birgt. Auf der sicheren Seite dürfte ein Diensteanbieter daher auch weiterhin vor allem dann sein, wenn er eine Telefonnummer angibt, auch wenn dies keine zwingende Pflicht darstellt.

Christian Hemmer
Rechtsanwalt
 
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